Am 05.08. 2023 in aller Frühe, ich glaube es war so gegen 6 Uhr morgens, kam mein kleiner Pflegi Balou an. Netterweise wurde mir mein kleiner Schützling bis vor die Haustüre gebracht.
Zwei total verängstigte Augen blickten mich an, als ich die Autotür öffnete. Nur sehr langsam und vorsichtig ließ sich Balou überzeugen, das Auto zu verlassen.
Meine zwei bereits vorhandenen Hunde, ganz liebe Zeitgenossen, begrüßten Balou ganz freundlich, so dass er dann doch sehr rasch Vertrauen fasste. Schon nach wenigen Tagen sah man ihm an, dass er sich in seinem neuen „Zuhause“ pudelwohl fühlte und die Strapazen und der Reisestress vergessen waren. Innerhalb von 3 Tagen war Balou stubenrein und hatte sich problemlos in den Tagesablauf der Familie integriert. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten hatte er dann doch kapiert, wie das mit dem „an der Leine laufen“ funktioniert.
Nur mein morgendliches Aufwachen hatte meistens Überraschungen parat. So hatte eines morgens mein Sofa ein riesiges Loch. Das nächste Mal hatte sich das Muster der Tapete deutlich verändert. Trotz Kauknochen, Kaffeeholz und diversem Hundespielzeug zog er es vor, nachts das Wohnzimmer nach seinem Geschmack umzugestalten. Daraufhin wollte ich diesen kreativen Burschen nachts in die Box verfrachten, um seine kostspielige Kreativität zu unterbinden. Leider fand er das überhaupt nicht schön. Sobald ich ihn in die die Box gesetzt hatte, ging das Gejammer und Geheule los. Also wollte ich kein Unmensch sein und öffnete die Box wieder, mit dem Resultat, dass er sich weiterhin mit seiner nächtlichen Kreativität beschäftigte.
Mit der Zeit entpuppte er sich als Fan des Autofahrens. So wurde er bald zu meinem ständigen Begleiter bei allen meinen Fahrten, jedoch nicht wie ein normaler Hund im Kofferraum oder in der Box, nein, selbstverständlich auf dem Rücksitz (natürlich gut gesichert!)
Sprachkommandos wollte der sonst so intelligente Balou einfach nicht begreifen. Vielleicht lag das ja an meinem typisch fränkischen Dialekt, den Balou nicht verstehen konnte. Also ging ich dazu über, mit Handzeichen zu arbeiten, was er rasch verstand und gerne annahm.
Natürlich wollte ich Balou möglichst viel beibringen, bevor er in seine „Für-immer-Familie“ umziehen sollte. Deshalb haben wir viel unternommen, damit er die alltäglichen Dinge des Lebens lernen konnte. So haben wir zum Beispiel das Bus– und Eisenbahnfahren geübt, wir sind über den Autobahnrastplatz gelaufen, auf dem viele laute LKWs standen, all das nahm er mit Ruhe und Gelassenheit auf. Wir besuchten Restaurants, Biergärten und eine Eisdiele, was er alles mit Bravour erledigte. Zur Belohnung gabs dann auch schon mal ein Hundeeis. Selbst der Tierarzt war sein Freund, dem er mit Freundlichkeit und Ausgeglichenheit begegnete.
Nachdem er sich hier eingelebt und Vertrauen gefasst hatte, fing er langsam an, zu spielen und zu kuscheln. Auch die Pferde auf der Weide wurden für ihn so langsam interessant. Er fing an, die Pferde auf die Koppel zu begleiten. Ich fand ihn immer häufiger bei ihnen im Stroh, oder er lag im Gras in der Nähe der Pferde. Das habe ich auch gerne zugelassen.
Typisch Herdi, suchte er sich seine Lieblingsplätze immer so aus, dass er alles im Blick hatte.
Schwierig gestalteten sich bereits von Anfang an Gassigänge in der Dämmerung und bei Nacht. Er wollte partout nicht bei Fuß gehen, sondern versuchte grundsätzlich eine Hundelänge vor mir zu laufen. Hörte oder sah er etwas Unbekanntes, so wurde dies mit einem leichten Knurren dokumentiert, was sich dann bis zum Brüllen eines Bären steigerte. Ich muss aber dazu sagen, dass er sich jederzeit problemlos aus diesen Situationen herausholen ließ.
Ich holte mir einen erfahrenen Hundetrainer ins Boot, der mir eine gute und kompetente Hundeschule empfahl. So kam ich in Bamberg zum Polizeihundesportverein, wo sich mein Balou vom ersten Tag an richtig wohl fühlte. Auch hier zeigte er sein rassetypisches Beschützerverhalten. Er lernte jedoch zu verstehen, dass er ganz entspannte bleiben konnte, wenn ich ihm signalisierte, dass alles in Ordnung sei. Sein größtes Vergnügen in der Hundeschule war es, wenn er den Parcours absolvieren durfte und er wie eine Gams über Hindernisse klettern oder über Felsen und Hänge laufen konnte. Bei diesem Vergnügen war er kaum zu halten. Dies bedeutete jedoch, dass er bis zuletzt warten musste, bis er über den Parcours laufen durfte, auch wenn er der erste in der Schlange war.
Wie ich geschrieben habe, ist mein Balou als Pflegi zu mir gekommen. Nachdem sich jedoch niemand für diesen tollen Hund interessierte, er sich so wundervoll in das Rudel bzw. in die Herde mit Tieren und den Menschen integriert und sich auch zu einem unkomplizierten, freundlichen Begleiter entwickelt hatte, hat er bei mir nun sein „Für-immer-Zuhause“ gefunden.
Diesen lieben, gelehrigen, ruhigen und freundlichen Hund möchte ich keinen Tag mehr missen. Natürlich ist mir bewusst, dass es sich bei Balou um einen Herdenschutzhund handelt, der besondere Bedürfnisse hat und auch ausgelastet werden muss. Ich denke aber, genau das kann ich ihm auf meinem Hof mit den Pferden und meinem Hunderudel sehr gut bieten.